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Mietschlichtungsverfahren – Rechtslage, Einleitung & Ablauf

Ein Mietschlichtungsverfahren ist ein aussergerichtlicher Weg, um Mietstreitigkeiten beizulegen. Hierbei besitzen alle Kantone entsprechende Mietschlichtungsbehörden, die angerufen werden können, um eine Lösung in einem Mietrechtlichen Konflikt zu finden. In diesem Beitrag wollen wir Ihnen darstellen, in welchen Fällen eine Schlichtungsbehörde tätig wird und wie der Ablauf einer derartigen Verhandlung vonstatten geht.

Inhaltsverzeichnis

Rechtslage zum Mietschlichtungs­verfahren

Mit dem Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung am 01.01.2011 wird das materielle Mietrecht (OR) und das mietrechtliche Verfahren (ZPO) vom Bund geregelt.

Hierbei ist vorgeschrieben, dass die Kantone für Streitigkeiten aus der Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen eine paritätisch zusammengesetzte Schlichtungsbehörde (Mietschlichtungsbehörde) zur Verfügung stellen müssen. Generell schreibt die ZPO vor, dass die meisten Prozesse im ordentlichen und im vereinfachten Verfahren durch ein vorangehendes Schlichtungsverfahren eingeleitet werden müssen (ZPO 197).

Hierbei ist ein Mietschlichtungsverfahren kein freiwilliger Regelungsversuch, sondern es muss grundsätzlich obligatorisch durchlaufen werden (Art. 197 ZPO). Dabei können die betroffenen Parteien jedoch gemeinsam auf das Schlichtungsverfahren verzichten, wenn der Streitwert mindestens CHF 100.000.00 beträgt.

Zuständigkeitsregelung

Zuständig ist immer die Schlichtungsbehörde am Ort des Mietobjekt. Das Schlichtungsverfahren in Miet- und Pachtsachen ist kostenlos, ebenso ein evtl. benötigter Dolmetscher.

Einleitung eines Schlichtungs­verfahrens

Kommt es zu Streitigkeiten in einem Miet- oder Pachtverhältnis von Wohn- u. Geschäftsräumen, das nicht persönlich geregelt werden kann, können sich Mieter und Vermieter an die Schlichtungsstelle wenden, wenn z. B. folgende Themen ein Streitpunkt sind:

  • Hinterlegung von Miet-/Pachtzins
  • Schutz vor missbräuchlichen Miet-/Pachtzinsen
  • Kündigungsschutz oder
  • Erstreckung des Miet-/Pachtverhältnisses.

Hierbei leitet ein Kläger das Mietschlichtungsverfahren ein, indem er bei der örtlich zuständigen Schlichtungsbehörde ein schriftliches oder mündliches Schlichtungsgesuch stellt gemäss Art. 202 ZPO. Generell muss ein beteiligten Schlichtungsbegehren die beteiligten Parteien benennen, ein Rechtsbegehren enthalten und den Streitgegenstand bezeichnen. Hierbei ist immer eine kurze Sachverhaltsdarstellung anzufertigen.

Auswirkung des Schlichtungsgeuch

Mit der Einreichung des Schlichtungsgesuches bei der Schlichtungsbehörde wird auch die Klage nach Art. 62 ZPO anhängig.

Ablauf eine Schlichtungs­verfahrens im Mietrecht

Nach Erhalt des Schlichtungsbegehrens lädt die Schlichtungsbehörde die Parteien zu einer mündlichen Schlichtungsverhandlung vor. Dabei wird dann in der Verhandlung versucht, eine Lösung für die Parteien zu finden. Ferner steht es dem Beklagten auch frei, in der Verhandlung ein . Widerklage Begehren zu stellen.

Für den Fall, dass es der Beilegung des Streites dient, kann die Schlichtungsbehörde in einem Vergleich dann auch ausserhalb des Verfahrens liegende Streitfragen mit einbeziehen, wenn diese während des Verfahrens von den Parteien erörtert werden. Grundsätzlich ist eine derartige Verhandlung nicht öffentlich nach Art. 203 Abs. 3 ZPO. Allerdings kann die Schlichtungsbehörde in Miet- und Pachtstreitigkeiten nach dem Gleichstellungsgesetz die Öffentlichkeit zulassen, wenn ein öffentliches Interesse besteht.

Vertretung für die Schlichtungsverhandlung

Bei einer Verhandlung im Zuge eines Mietschlichtungsverfahren müssen die Parteien grundsätzlich persönlich erscheinen. Dabei können sie sich jedoch von einem Rechtsbeistand begleiten lassen. Für den Fall, dass die Parteien einen ausserkantonalen oder ausländischen Wohnsitz haben, müssen sie nicht persönlich erscheinen, wenn sie wegen Krankheit, Alter oder aus einem anderen wichtigen Grund verhindert sind. Auch Vermieter sind nicht zu einem persönlichen Erscheinen verpflichtet, wenn ein Angestellter bzw. die Liegenschaftenverwaltung delegiert und ermächtigt wurde, den Vergleich abzuschliessen.

Vertraulichkeit des Verfahrens

Generell werden die Ausführungen der Parteien vertraulich behandelt und können deshalb später in einem Erkenntnisverfahren nicht verwendet werden. Dadurch wird es den Parteien ermöglicht, die Streitsache offen und umfassend darzustellen und es ermöglicht es den Parteien auch, sich bei der Verhandlung nicht von einem Rechtsanwalt vertreten zu lassen. Für den Fall jedoch, dass die Schlichtungsbehörde einen Urteilsvorschlag macht oder ein Urteil fällt, können auch die Aussagen der Parteien in einem Erkenntnisverfahren verwendet werden.

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Abschluss des Mietschlichtungs­verfahrens

Generell kann ein Schlichtungsverfahren kann auf verschieden Arten beendet werden:

  • Die Klage wird vorbehaltlos vom Kläger zurückgezogen
  • Der Kläger zieht seine Klage unter dem Vorbehalt einer Wiedereinbringung zurück
  • Der Beklagte erkennt die Klage vollumfänglich an
  • Die Parteien schliessen einen Vergleich ab

Dabei haben sowohl der Vergleich, die Klageanerkennung oder auch ein vorbehaltloser Klagerückzug die Wirkung eines rechtskräftigen Entscheides. Hiermit ist die Streitsache dann endgültig erledigt und die beteiligten Parteien können dann auch nicht mehr darauf zurückkommen. Für den Fall, dass z. B. ein Kläger seine Klage vorbehaltlos zurückzieht, kann er in der gleichen Angelegenheit auch kein neues Schlichtungsgesuch stellen.

Sonderfall

Falls jedoch noch unklar ist, ob die Klage gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt erneut gestellt werden soll, so muss der Kläger seinen Rückzug ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Wiedereinbringung erklären, da er ansonsten seinen Rechtsanspruch verliert.

Abschluss des Schlichtungsverfahrens ohne Einigung

Falls keine Einigung in einem Schlichtungsverfahren zustande kommt, wird die Schlichtungsbehörde eine Klagebewilligung ausstellen nach Art. 209 ZPO. Jedoch kann sie bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten bis zu CHF 2.000.00 ein Urteil fällen, wenn ein dementsprechender Antrag des Klägers vorliegt.

Hingegen wird ohne einen Antrag des Klägers dann die Klagebewilligung ausgestellt. Bei miet- und pachtrechlichen Streitigkeiten kann die Schlichtungsbehörde einen Urteilsvorschlag unterbreiten, wenn es um die Hinterlegung von Miet- und Pachtzinsen geht, den Schutz vor missbräuchlichen Miet-/Pachtzinsen, einen Kündigungsschutz oder die die Erstreckung des Miet-/Pachtverhältnisses. Dabei gilt dann ein Urteilsvorschlag als angenommen, wenn dieser nicht innerhalb von 20 Tagen abgelehnt wird. Für den Fall, dass er abgelehnt wird, ist auch hier die Klagebewilligung auszustellen. Falls er jedoch nicht abgelehnt wird, hat er die Wirkung eines rechtskräftigen Entscheides.

Fernbleiben von der Verhandlung

Für den Fall, dass der Kläger der Schlichtungsverhandlung unentschuldigt fern bleibt, gilt ein Schlichtungsgesuch als zurückgezogen und das Verfahren wird als gegenstandslos abgeschrieben. Bleibt hingegen der Beklagte der Schlichtungsverhandlung unentschuldigt fern, behandelt die Schlichtungsbehörde den Vorgang so, wie wenn keine Einigung zustande gekommen wäre. Hierbei kann die Schlichtungsbehörde dann entweder eine Klagebewilligung ausstellen, einen Urteilsvorschlag machen oder ein Urteil fällen auf Antrag des Klägers. Falls jedoch beide Parteien der Schlichtungsverhandlung unentschuldigt fernbleiben, wird das Verfahren als gegenstandslos abgeschrieben.

Unentgeltlicher Rechtsbeistand im Mietschlichtungs­verfahren

In einem Mietschlichtungsverfahren kann unter bestimmten Voraussetzungen ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass z. B. Mittellosigkeit besteht, es sich um kein aussichtsloses Rechtsbegehren handelt, der Mieter keine entsprechenden Rechtskenntnisse für den Umfang der Streitsache besitzt oder eine professionelle Vertretung notwendig ist, um eine Art „ Waffengleichheit“ zwischen den Parteien herzustellen. Hierbei sind solche Voraussetzungen z. B. gegeben, wenn der Vermieter sich einer Anfechtung der Nebenkostenabrechnung ohne Angabe eines Grundes widersetzt, eine Aufforderung zu Mietzinssenkung ablehnt oder eine professionelle Vertretung durch eine Liegenschaftenverwaltung gestellt wird.

Klagebewilligung nach gescheitertem Schlichtungs­verfahren

Bei einer Nichteinigung im Schlichtungsverfahren oder bei Ablehnung eines Urteilsvorschlages wird eine Klagebewilligung normalerweise dem Kläger ausgestellt. Danach kann der Kläger die Klagebewilligung bei Miet- und Pachtangelegenheiten innerhalb von 30 Tagen beim Gericht einreichen, bevor sie verfällt. Jedoch erleidet der Kläger dadurch grundsätzlich keinen Rechtsverlust, da generell keine Fortführungslast besteht.

Bei der Anfechtung von Miet- / Pacht Zinserhöhungen wird die Klagebewilligung dem Vermieter oder Verpächter ausgestellt . Wird die Klagebewilligung dabei nicht innerhalb einer Frist von 30 Tagen beim Mietgericht eingereicht, verfällt sie und der Mietzins bleibt unverändert auf dem Niveau vor der Erhöhung. In diesen Fällen besteht für den Vermieter also eine Fortführungslast, da er ja seine Mietzinserhöhung durchbringen möchte.

Für den Fall, dass die Schlichtungsbehörde in Mietsachen den Parteien einen Urteilsvorschlag unterbreitet hat, wird die Klagebewilligung bei Ablehnung des Urteils Vorschlages der ablehnenden Partei ausgestellt. Wird der Urteilsvorschlag in diesen Fällen nicht innerhalb der Frist von 30 Tagen beim Mietgericht eingereicht, gilt der Urteilsvorschlag als anerkannt und hat die Wirkung eines rechtskräftigen Entscheides.

Fortführungslast der ablehnenden Partei

Für die unterlegene Partei bei einem abgelehnten Urteilsvorschlag in Mietstreitigkeiten bzgl. Hinterlegung, missbräuchlichen Mietzinsen, Kündigungsschutz oder Erstreckung hat die Klagebewilligung eine Fortführungslast der ablehnenden Partei zur Folge, wenn sie den Urteilsvorschlag nicht akzeptieren will.

Generell berechnet sich die Gültigkeitsdauer der Klagebewilligung ab der Eröffnung. Für den Fall, dass den Parteien in der Schlichtungsverhandlung mündlich eröffnet wird, dass die Klagebewilligung ausgestellt werde, läuft die Frist ab dann. Falls jedoch die Klagebewilligung schriftlich zugestellt wird, läuft die Frist ab der Zustellung an die Parteien.

Wie kann ein Anwalt für Mietrecht beim Mietschlichtungs­verfahren helfen ?

Lässt sich eine Streitigkeit mit einem Mieter oder auch Vermieter nicht gütlich regeln, kann ein Gang zu einem erfahrenen Anwalt für Mietrecht immer ein sinnvoller Gang sein. Dabei kann dieser seinen Mandanten über die Möglichkeiten eines Mietschlichtungsverfahrens aufklären und für ihn auch die entsprechenden Vorbereitungen treffen. Ferner kann ein Anwalt für Mietrecht seinen Mandanten natürlich auch in einem Schlichtungsverfahren vertreten.

Hierbei wird er die Position seines Mandanten optimal aufbereiten, um eine grösstmögliche Chance für eine optimale Regelung bei der Schlichtungsstelle zu erreichen. Für den Fall, dass keine Einigung über die Schlichtungsstelle erreichbar ist, wird eine entsprechende Strategie für einen Klageprozess erarbeiten um einen bestmöglichen Erfolg vor Gericht erzielen zu können. Lassen Sie sich beraten von einem erfahrenen Anwalt für Mietrecht zum Thema Mietschlichtungsverfahren.

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FAQ: Mietschlichtungs­verfahren

Gemäss Art. 197 der schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO) muss vor einer gerichtlichen Entscheidung ein Einigungsversuch durch eine Schlichtungsstelle stattfinden. Bevor sich Hauseigentümer und Mieter vor Gericht treffen, unternimmt die regionale Schlichtungsbehörde zunächst einen Schlichtungsversuch.
Je nach Komplexität des einzelnen Falles und der Anzahl hängiger Fälle dauert ein Schlichtungsverfahren zwischen vier und acht Wochen, ausnahmsweise auch länger.
Was ist das Ziel der Schlichtung? Am Ende des erfolgreichen Schlichtungsverfahrens schliessen die Parteien einen Vertrag ab, mit der der Rechtsstreit beigelegt wird. Den Inhalt können die Parteien frei vereinbaren. Die Vereinbarung wird vom Schlichter protokolliert.
Ein Beitrag unserer juristischen Redaktion
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